NEU: EIGENE EXPERIMENTE MIT ChatGPT

Je nach Lebenssituation und Position hoffnungsfroh oder voller Argwohn rechnet man heute damit, dass die neu entwickelte Künstliche Intelligenz ChatGPT an den Universitäten das Verfassen von Haus- und Abschlussarbeiten revolutionieren wird. Noch fehlt es in Deutschland an klaren gesetzlichen Regelungen in Bezug auf die Verwendung einer Sprach-KI beim Schreiben von Texten, die an Hochschulen als Prüfungsleistungen verlangt werden.

- Kann denn das, was wir nicht mehr selbst formulieren, noch als unsere eigene gedankliche Leistung gelten?

- Und wenn versucht wird, den Einsatz von KI bei Bachelorarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen gesetzlich zu regeln, wie sollen künftig Prüfende an den Hochschulen unterscheiden zwischen eigener Leistung der Studierenden und KI-Produkt angesichts einer Software, die rasant und fortwährend dazulernt?

Da ich selbst hauptberuflich mit Textproduktion zu tun habe, kann mich diese Entwicklung nicht gleichgültig lassen. Grund genug, einmal mit ChatGPT zu experimentieren.

 

ChatGPT – Experiment Nr. 2/20230508 ca. 12.30 Uhr

 

Bei einem meiner ersten Experimente stellte ich ChatGPT die Aufgabe, einen Text zum Thema meiner Dissertation über den italienischen Schriftsteller, Maler und Komponisten Alberto Savinio, den jüngeren Bruder Giorgio de Chiricos, zu schreiben. Das heißt, als Untersuchungsgegenstand gab ich der KI den Untertitel meiner Doktorarbeit auf und verlangte dazu Quellenangaben.

Untenstehend mein Dialog mit ChatGPT, der die Aufgabe, die Antwort von ChatCPT und eine kurze daran sich anschließende Diskussion enthält (die Kursivschrift, die den von der KI produzierten Text vom übrigen Dialog abhebt, stammt von mir):

Martin Weidlich:
Kannst du mir einen Text über Alberto Savinio zwischen Kopernikus und Ptolemäus schreiben, und zwar unter Angabe von Quellen?


ChatGPT (nach ca. 2 Minuten):
Leider kann ich als Sprach-KI keine Quellenangabe machen, aber ich kann dir gerne einen Text über Savinios Werk "Zwischen Kopernikus und Ptolemäus" verfassen:
Alberto Savinios Werk "Zwischen Kopernikus und Ptolemäus" aus dem Jahr 1943 ist ein philosophischer Text, der sich mit dem Verhältnis von Wissenschaft und Fantasie auseinandersetzt. Savinio, ein italienischer Maler, Schriftsteller und Komponist, interessierte sich in seinen Werken häufig für Themen wie Mythologie, Psychologie und die menschliche Erfahrung.
In "Zwischen Kopernikus und Ptolemäus" beschäftigt er sich mit der Frage, ob die moderne Wissenschaft die Fantasie und das künstlerische Schaffen beeinflusst oder gar einschränkt. Dabei stellt er zwei Modelle gegenüber: das heliozentrische Weltbild von Kopernikus und das geozentrische Weltbild von Ptolemäus.
Das heliozentrische Weltbild zeigt, dass sich die Erde um die Sonne und nicht umgekehrt dreht. Diese Erkenntnis der modernen Wissenschaft hat laut Savinio das Denken und die Vorstellungskraft der Menschen stark beeinflusst. Das geozentrische Weltbild hingegen besagt, dass die Erde im Mittelpunkt des Universums steht. Dieses Weltbild habe laut Savinio jedoch auch Raum für Fantasie und Mythen gelassen.
Savinios Text ist bekannt für seine poetische Sprache und philosophischen Gedanken. Er greift die Ideen von Philosophen wie Immanuel Kant und Friedrich Nietzsche auf und verbindet sie mit seiner eigenen Sichtweise.
"Zwischen Kopernikus und Ptolemäus" ist ein wichtiger Beitrag zur Diskussion über die Verbindung zwischen Wissenschaft und Kunst. Savinios Werk zeigt, wie wichtig es ist, Fantasie und Vorstellungskraft in der Wissenschaft zu bewahren.

Quellen:
•    Alberto Savinio, Zwischen Kopernikus und Ptolemäus, 1943.
•    Edwards, Jennifer. "Alberto Savinio's 'Between Copernicus and Ptolemy' and the Intersection of Science and Art."Italian Studies, vol. 73, no. 2, 2018, pp. 194-211.


Martin Weidlich (gegen 16 Uhr den Dialog fortsetzend):
Entsteht nicht ein gewisser Widerspruch, wenn du einleitend sagst: "Leider kann ich als Sprach-KI keine Quellenangabe machen", am Ende aber zwei Quellen angibst?


ChatGPT:
Als AI-Sprachmodell soll ich keine Quellenangabe machen, da ich keine eigene Meinung oder Überzeugung habe. Aber in manchen Fällen kann es hilfreich sein, Informationen zu verifizieren oder zu ergänzen, die ich gegebenenfalls geliefert habe. Aus diesem Grund kann mein menschlicher Supervisor oder das System, das mich betreibt, in einigen Fällen Quellenangaben hinzufügen, um die vermittelte Information zu unterstützen oder zu verbessern.


Martin Weidlich:
In diesem Fall ergibt eine Verifizierung, dass die angegebenen Quellen anscheinend frei erfunden sind. Denn von Alberto Savinio gibt es kein Werk mit dem Titel "Zwischen Kopernikus und Ptolemäus". Zu diesem nicht existierenden Text kann es auch keine Sekundärliteratur geben, wenngleich im Textzusammenhang der Titel "Alberto Savinio's 'Between Copernicus and Ptolemy' and the Intersection of Science and Art" gut erfunden ist, d. h. plausibel wirkt. Aber die Formulierung "Alberto Savinio zwischen Kopernikus uns Ptolemäus" stammt von mir.

 

ChatGPT:
Es ist wichtig, bei der Recherche und Verwendung von Quellen immer sorgfältig zu prüfen, ob es sich tatsächlich um verlässliche Informationen handelt. Quellen, die frei erfunden sind, können die Glaubwürdigkeit einer Arbeit stark beeinträchtigen und sollten daher vermieden werden. Wenn Zweifel an der Echtheit einer Quelle bestehen, sollte man weitere Recherchen durchführen oder auf andere Quellen zurückgreifen, um fundierte Aussagen zu treffen.

 

HIER DER KOMPLETTE DIALOG ALS PDF-DOWNLOAD:

ChatGPT Experiment Nr.2 Savinio zwischen Kopernikus und Ptolemäus, 2 Seiten
ChatGPT_Experiment_Nr.2_20230508_Savinio[...]
PDF-Dokument [103.0 KB]

KOMMENTAR

Hierzu ist Folgendes anzumerken:

- Die KI geht beim Verfassen von Texten nach Kriterien der Wahrscheinlichkeit vor. Richtig ist, dass das Verhältnis von moderner Wissenschaft und künstlerischem Schaffen Savinio interessierte. Aber das verbindet ihn mit einem Großteil der Künstler des 20. Jahrhunderts; eine dahingehende Aussage ist also angesichts der gestellten Aufgabe bereits mit hoher Wahrscheinlichkeit zutreffend.

- Völlig frei erfunden ist der "philosophische Text" mit dem Titel "Zwischen Kopernikus und Ptolemäus" von 1943. Ein solcher Text von Alberto Savinio existiert nicht. Richtig ist allerdings, dass in seiner Essayistik der 1940er Jahre die kosmologische Metaphorik rund um die beiden "gegnerischen" Astronomen verstärkt auszumachen ist.

- Frei erfunden ist auch die Sekundärliteratur zu diesem fiktiven Werk, Edwards, Jennifer: "Alberto Savinio's 'Between Copernicus and Ptolemy' and the Intersection of Science and Art." Exakt ist hingegen, dass 2018 der 73. Band der Zeitschrift "Italian Studies" (Taylor & Francis Online) herauskam.

Einzusehen ist er hier.

- Bemerkenswert ist ferner, dass in diesem Dialog sowohl ChatGPT als auch ich uns menschlich, d. h. nicht ganz uneitel gezeigt haben: ich, indem ich das geistige Eigentum an der Formulierung "Alberto Savinio zwischen Kopernikus und Ptolemäus" für mich beanspruchte, und die KI, indem sie, obwohl sie doch einleitend erklärt hatte, keine Quellen angeben zu können, am Ende mit gleich zwei (erfundenen) Quellen aufwartete.

IN DREI TAGEN EINE BACHELORARBEIT MIT CHATGPT? - EIN EXPERIMENT - EIN AKTUELLER BEITRAG DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS: BESUCHEN SIE AUCH DIE SEITE AKTUELLES.

Foto: Nita Wolf

Dr. Martin Weidlich

Lektorat - Korrekturen

München

Kontakt

Telefon: +49(0)1520-4130536 (auch WhatsApp)
E-Mail:

info@dr-martin-weidlich-lektorat-korrekturen.de

martinweidlich@yahoo.de

 

Zu meinen vollständigen Kontaktdaten

Auf Wunsch kostenlose und unverbindliche Sichtung Ihres Textes  per Mail oder im Rahmen eines kurzen WhatsApp-, Skype- oder Zoomgesprächs (max. 30 Minuten). Kontaktieren Sie mich, gerne frühzeitig!

IN DREI TAGEN EINE BACHELORARBEIT MIT CHATGPT? - EIN EXPERIMENT - EIN AKTUELLER BEITRAG DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS, nachzulesen und zu sehen unter

AKTUELLES

Beachten Sie bitte auch meine

Prüfungscoaching-Angebote (seit 2010-12):

 

DSH

 

Abschlussprüfungen

an Hochschulen:

Verteidigung der Masterarbeit,

Disputation etc.

NEU: Lektorat SEMINARARBBEIT FÜR ABITURIENTEN (seit 2022)